V8Uwe hat geschrieben:Hallo zusammen,
vielleicht hab ich's ja irgendwo überlesen
aber kann mir mal bitte jemand erklären wofür ICH für mein EIGENES Auto eine Kaution hinterlegen muss
LG
Uwe
Hi Uwe,
Kurzantwort: Weil es vielleicht kurz hinter der Grenze nicht mehr Dein Auto ist.
Ausführliche Antwort (davon ausgehend, dass Du ein EU-Bürger bist und Dein Auto auch dort und auf Dich angemeldet ist und Du selber mit der Anerkennung dieses EU-Staates und dessen Spielregeln auch keine weiteren Probleme hast):
- Wenn Du mit Deinem Auto über eine Inner-EU-Grenze fährst, gibt es keinen Zoll, keine Zollgebühren. Du musst es also noch nicht einmal verzollen, wenn Du Dein Auto z.B. an einen Franzosen verkaufst oder es ungewollt oder gewollt dort verschrottest (andere Gebühren können entstehen).
- Wenn Du als EU-Bürger in die Schweiz fährst, musst Du es auch nicht verzollen. Wenn Du es Dir aber in der Schweiz gestohlen wird, oder Du z.B. einen Unfall hast, so dass Du das Auto daher vor Ort verschrotten lässt, musst Du es auch in der Schweiz verzollen.
In der Schweiz und vielen anderen Nicht-EU-Länder brauchst Du aber kein Carnet, weil es hier bi- und multilaterale Abkommen zwischen den Ländern gibt, die sicherstellen, dass Du beim Verkauf oder Verschrottung des Fahrzeugs in dem Land auch im Nachhinein belangt werden kannst, wenn Du Dein Auto nicht ordnungsgemäß verzollt hast.
- In manchen Ländern gibt es aber diese Abkommen nicht. In wenigen Ländern tragen Sie Dein Auto oder andere Wertgegenstände in Deinen Pass ein, um bei der Ausreise prüfen zu können, ob das Zeug auch noch dabei hast.
Oder hinterlegst irgendeinen (willkürlich) festgelegten Betrag als Pfand an der Grenze, bekomst dafür einen "Beleg". Blöd, wenn Du an einer anderen kleinen Grenzstation ausreisen willst, die aber den Betrag in Cash gerade nicht da haben. Und/oder der Zöllner Dir bei der Ausreise behauptet, dass dein Cash-Beleg leider ein Fälschung ist, der Kollege, der es unterschlagen hat inzwischen schon einen Kopf kürzer ist, das Geld aber futsch ist.
Da fährst Du dann lieber mit Kopf auf den Schultern aber ohne Geld nach Hause.
Noch besser: Du hast Dein Carnet und Kopf noch am Körper und holst Dir Dein Geld zuhause beim ADAC wieder. Die sind im Zweifelsfall etwas vertrauenswürdiger, als der Zollbeamte von Diktatoristan oder Korruptistan.
(Mal sehen, was dann bei einer Reise nach UK passiert, wenn es demnächst einen ungeregelten Brexit gibt
- Länder, die dem Carnet-System angeschlossen sind, bewegen sich irgendwo dazwischen. Es gibt zwar diese umfangreichen Abkommen nicht, aber immerhin sind die Länder diesem Carnet-Abkommen beigetreten.
Übrigens I: Nicht den Kopf über diese scheinbar mittelalterlichen Verfahren schütteln. Denn noch vor ca. 30 Jahren musste ich für meine (natürlich nicht angemeldete) Motocrossmaschine ein Carnet haben, wenn ich mal über die nahegelegene Grenze nach Holland zum Training oder Rennen wollte.
Übrigens II: Auch mit Carnet ist es manchmal schwer über die Grenze zu kommen, wenn Du nicht selber der Eigentümer des Fahrzeugs bist. Da hilft vielleicht noch eine von der jeweiligen Botschaft beglaubigte Vollmacht. Vielleicht auch nicht.
Übrigens III: An der Iranischen Grenze wurde bei meiner Einreise ein anderes Deutsches Auto (eher Schrotthaufen), welches an so einer Mongol-Charity-Rally teilnahm, knallhart abgewiesen, weil die kein Carnet hatten. Da lief auch nix mit Bargeld hinterlegen, Bakschisch etc. Die hätten es zum Neuwert verzollen müssen! Das kostet auch noch vieeel Zeit. Die hat für sowas weder bei einer Rallye noch im Urlaub.
Hintergrund: So wie viele andere Länder auch, will der Iran nicht zum Schrottverwertungsland werden und lehnen somit die Einfuhr älterer Autos ab.
Daher macht ein Carnet also auch schon Sinn, wenn Dein LC einige Jahre auf dem Buckel hat.
Und daher funktioniert seit einiger Zeit diese Idee der Charity-Rallys in die Mongolei auch nicht mehr, soviel ich weis. Also mit der Schrottmühle dahin und diese dort 'spenden', weil man keinen Bock hat nochmal zurück zu fahren. Die Länder wollen diese Mühlen einfach nicht mehr haben, die nach kürzester Zeit auseinanderfallen Sondermüll sind, die lokale Wirtschaft nicht wirklich fördern, wenn sie schon eine bestimmte Wohlstandsgrenze überschritten haben. Wie mit unseren 'gespendeten Klamotten' in Afrika, die mit den Billigstklamotten aus China / Bangladesch die dortige Textilindustrie kaputt gemacht hat.
Grüsse,
Peter